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Nahost: Wie wichtig ist der Grenzübergang Rafah?
Aus Tagesschau vom 08.05.2024.
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Krieg im Nahen Osten Die Lage im Nahen Osten – die Übersicht

Die militärische Lage

Die israelische Armee hat am Mittwoch ihre Luftangriffe im Gazastreifen vervielfacht. Bei Angriffen und Kämpfen in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens sind nach Angaben des Kuwait-Spitals binnen 24 Stunden mindestens 36 Palästinenser getötet worden – darunter auch Kinder, die bei einem Luftangriff auf ihr Wohnhaus getötet worden seien. Die israelische Armee teilte mit, bei Gefechten im Osten Rafahs seien 30 Terroristen der islamistischen Hamas getötet worden.

Hamas beschiesst erneut Grenzübergang Kerem Schalom

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Zum dritten Mal binnen weniger Tage hat der militärische Arm der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas am Mittwoch den israelischen Grenzübergang Kerem Schalom beschossen. Die Kassam-Brigaden teilten mit, sie hätten Raketen auf israelische Truppen in Kerem Schalom gefeuert. Nach Angaben der israelischen Armee gab es in dem Ort Raketenalarm. 

Der wichtige Grenzübergang für die Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen war gerade erst nach mehrtägiger Schliessung wieder geöffnet worden. Er war am Sonntag nach einem Raketenangriff der Hamas, bei dem vier israelische Soldaten getötet worden waren, für humanitäre Transporte geschlossen worden. 

Die meisten Zivilisten und Vertreter internationaler Hilfsorganisationen hätten gemäss dem israelischen Militär nach Evakuierungsaufrufen der Armee am Montag das entsprechende Gebiet in Rafah bereits verlassen. Es handele sich um einen «präzisen Anti-Terroreinsatz in sehr begrenztem Umfang».

Spitäler in Rafah kämpfen laut WHO mit Versorungsengpäss

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Der israelische Militäreinsatz in Rafah im Süden des Gazastreifens hat eines der drei Spitäler zur Schliessung gezwungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist sehr besorgt über die Lage, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Mittwoch in Genf.

Er kritisierte, dass Israel den Grenzübergang Rafah, über den ein grosser Teil der humanitären Hilfe in das Gebiet gebracht wurde, seit Dienstag geschlossen hat. Es könne seitdem kein Benzin mehr für den Betrieb von Generatoren in Kliniken geliefert werden. Ohne zusätzliches Benzin sei der Betrieb nur noch für drei Tage gesichert.

Geburtsklinik in Rafah stoppt wegen Kämpfen Patientinnenaufnahme

Die wichtigste Geburtsklinik in Rafah im Süden des Gazastreifens hat am Mittwoch wegen der israelischen Angriffe und der Kämpfe in der Stadt die Aufnahme neuer Patientinnen gestoppt. Dies bestätigte die Verwaltung des Emirati-Spitals der Deutschen Presse-Agentur telefonisch.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist das Emirati-Spital eine der wichtigsten Einrichtungen seiner Art im Gazastreifen. Dort würden monatlich mehr als 100 Entbindungen durchgeführt.

Gemäss den Angaben des israelischen Militärs durchsuchten Spezialtruppen den Rafah-Übergang nach Terroristen. Es gebe Hinweise darauf, dass die Hamas die Gaza-Seite des Übergangs für Terrorzwecke missbraucht habe. Aus dem Gebiet hätten Mitglieder des militärischen Hamas-Arms am Sonntag Raketen auf den israelischen Grenzübergang Kerem Schalom abgefeuert. Dabei waren vier israelische Soldaten getötet worden.

Derweil hat die proiranische Hisbollah im Libanon am Dienstag nach eigenen Angaben mehrere Angriffsdrohnen auf Ziele im Norden Israels abgefeuert. Sie hätten unter anderem auf israelische Soldaten gezielt, erklärte die Schiitenmiliz. Andere Drohnen seien auf Plattformen des israelischen Raketenabwehrsystems Iron Dome abgefeuert worden.

Das israelische Militär erklärte gleichentags, mehrere verdächtige Flugobjekte in der Luft registriert zu haben. Sie sollen sich israelischem Territorium genähert haben. Das Luftabwehrsystem habe eines der Objekte erfolgreich abgefangen. Andere Objekte seien unter anderem in offenes Gebiet gestürzt. Es habe leichte Schäden, aber keine Verletzten gegeben, teilte Israels Armee mit. Die Angaben können unabhängig nicht überprüft werden.

Internationale Reaktionen und Diplomatie

Die USA stellen neben einer bereits zurückgehaltenen Munitionslieferung an Israel auch die Lieferung weiterer anstehender Militärhilfen auf den Prüfstand. Das teilte der Sprecher des US-Aussenministeriums, Matthew Miller, am Mittwochabend in Washington mit. Dieser wollte sich allerdings nicht zur Art der Munition äussern, der Länge der Unterbrechung und dazu, was Israel nun genau tun müsse.

Miller betonte an der Medienkonferenz mehrfach, an der langfristigen Unterstützung Israels durch die USA habe sich nichts geändert. Er wiederholte jedoch den Standpunkt der US-Regierung, die israelische Seite habe bislang keinen glaubwürdigen Plan vorgelegt, der sowohl den Schutz der Zivilbevölkerung in Rafah als auch deren humanitäre Versorgung gewährleiste.

Scharfe Kritik an Israels Vorgehen

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Die humanitären Organisationen der UNO haben Israels Vorrücken in Rafah im Süden des Gazastreifens verurteilt. Für die zur Räumung bestimmter Zonen in Rafah aufgeforderte Zivilbevölkerung gebe es keine sicheren Routen Richtung Norden und keine sicheren Zufluchtsorte mit ausreichend Sanitäranlagen und Nahrungsmittelversorgung.

Auch aufseiten der EU hagelt es Kritik: Aussenbeauftragter Josep Borrell sagte, es habe Bitten der internationalen Gemeinschaft an Israel gegeben, Rafah nicht anzugreifen. «Trotz dieser Warnung und dieser Aufforderung hat der Angriff gestern Abend begonnen», sagte der Spanier in Brüssel und sprach von einer Bodenoffensive. Die USA hingegen halten den Angriff nicht für den Beginn der Grossoffensive.

Ägypten hat das Vorrücken der israelischen Armee auf die Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen ebenfalls aufs Schärfste verurteilt. Das Aussenministerium in Kairo sehe darin eine «gefährliche Eskalation, die das Leben von mehr als einer Million Palästinenser» bedrohe, wie es in einer Erklärung hiess.

Die Türkei hat den israelischen Militäreinsatz in der mit Flüchtlingen vollen Stadt Rafah auch scharf kritisiert. Vizepräsident Cevdet Yilmaz wirft Israel erneut Kriegsverbrechen vor.

Zum Vorrücken der israelischen Armee in die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens meinte der Londoner «Guardian» am Mittwoch: «Die Fortsetzung der Kämpfe schliesst Verhandlungen zur Beendigung des Konflikts nicht aus. Aber das Ende des Krieges wird wahrscheinlich das Ende von Benjamin Netanjahus Amtszeit als Premierminister bedeuten.»

Verhandlungen

Nach dem Vorrücken der israelischen Armee in die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens richten sich die Augen erneut auf die indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas: Die bestehenden Lücken zwischen den Standpunkten beider Seiten könnten geschlossen werden, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, am Dienstag. «Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um diesen Prozess zu unterstützen und dieses Ergebnis zu erreichen.»

Die Hamas hatte am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag erklärt, was Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu jedoch als vergeblichen Versuch bezeichnete, den – in der Nacht zum Dienstag dann tatsächlich erfolgten – Vorstoss in Rafah zu torpedieren. Das aktuelle Angebot der Islamisten sei weit von den Anforderungen seiner Regierung entfernt, sagte er am Dienstagabend.

Israel zeigt Kompromissbereitschaft

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Er habe das israelische Verhandlungsteam in Kairo angewiesen, an Israels Bedingungen festzuhalten, teilte Netanjahu am Dienstag mit. Sein Verteidigungsminister Joav Galant stellte derweil einen Zusammenhang zwischen dem Rafah-Einsatz vom Dienstag und den Verhandlungen in Kairo über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln her. «Wir sind bereit, Kompromisse einzugehen, um Geiseln zurückzuholen», sagte Galant nach Angaben seines Büros am Dienstagabend. «Aber wenn diese Option wegfällt, werden wir weitermachen und den Einsatz vertiefen.» Der Einsatz werde fortgesetzt, «bis wir die Hamas im Gebiet von Rafah und im gesamten Gazastreifen eliminiert haben oder bis die erste Geisel zurückkehrt».

Auch die US-Regierung wies Darstellungen zurück, die Hamas habe kurz vor dem Vorrücken der israelischen Truppen einem Verhandlungsvorschlag über eine Feuerpause zugestimmt. «Die Hamas hat reagiert und in ihrer Antwort mehrere Gegenvorschläge gemacht», sagte der Sprecher des US-Aussenministeriums, Matthew Miller, am Dienstag (Ortszeit) in Washington.

Geflüchtete und Opfer

Die Bilanz des seit sechs Monaten wütenden Gaza-Krieges ist verheerend. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen wurden mindestens 34'844 Palästinenserinnen und Palästinenser bei israelischen Angriffen getötet (Stand 8. Mai). Mindestens 78'018 Menschen seien zudem verletzt worden. Die Behörde unterscheidet dabei nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern.

Bern gibt nur halben Beitrag für UNO-Palästinenserhilfswerk frei

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Der Bundesrat gibt zunächst nur die Hälfte des in diesem Jahr für das UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA vorgesehenen Betrages frei. Die Tranche von 10 Millionen Franken soll lediglich für die Not leidende Bevölkerung im Gazastreifen eingesetzt werden, etwa für Ernährung, Wasser, Unterbringung, medizinische Grundversorgung und Logistik, so die Regierung am Mittwoch, 8. Mai.

Im zweiten Halbjahr will die Schweiz über weitere Zahlungen entscheiden. Das für UNRWA reservierte Budget für dieses Jahr lag bei 20 Millionen Franken.

Die UNO hat die Angaben der Behörde mehrfach als realistisch bezeichnet. Die Zahl der Opfer könnte allerdings weitaus höher sein, weil viele Menschen vermisst werden und zahlreiche Tote unter den Trümmern zerstörter Häuser verschüttet sind. Nach israelischen Angaben wurden im Gazastreifen rund 12'000 Terroristen getötet, das wären mehr als ein Drittel der Toten.

Beim Terrorangriff am 7. Oktober wurden auf israelischer Seite mehr als 1200 Menschen getötet, darunter mindestens 850 Zivilisten. Seit Kriegsbeginn sind laut dem israelischen Militär zudem 604 israelische Soldaten und Soldatinnen getötet worden (Stand 7. April).

Die Angaben beider Konfliktparteien lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Seit dem 7. Oktober sind nach UNO-Angaben fast 1.9 Millionen Menschen innerhalb des Gazastreifens auf der Flucht. Das sind über 85 Prozent der Bevölkerung. Etwa eine Million Menschen seien in UNO-Einrichtungen im Gazastreifen untergekommen, so eine Mitteilung vom 17. April.

Die Glückskette sammelt

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Der Krieg im Nahen Osten hat bereits Tausende von Menschenleben gekostet, grösstenteils Zivilpersonen. Die Glückskette ruft zur Solidarität auf, um der Zivilbevölkerung zu helfen. Sie unterstützt ihre Schweizer Partnerorganisationen vor Ort – sie hilft dort, wo die humanitären Bedürfnisse am grössten sind. Zurzeit ist das Gaza.

Spenden für die Sammlung «Humanitäre Krise im Nahen Osten» können auf www.glueckskette.ch getätigt werden.

Krieg im Nahen Osten

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Die Konflikte in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen halten an. Hier finden Sie alle unsere Inhalte zum Krieg im Nahen Osten.

Tagesschau, 08.05.2024, 19:30 Uhr;

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